Unser inklusiver Fachtag hat gute Praxis gezeigt.
Beraterinnen, Therapeutinnen und Werkstatt-Frauenbeauftragte trafen sich beim Fachtag zum Austausch. Foto, NetzwerkBüro
Fast 300 Teilnehmende, davon knapp 200 vor Ort im Essener Haus der Technik, haben beim beim inklusiven Fachtag „Weiblich, behindert, Gewalt erlebt – und dann? Therapie und Beratung ohne Barrieren“ vom Projekt SiStaS – vernetzt! gezeigt, wie wichtig das Thema ist! Zu wenig Psychotherapieplätze und vielen Barrieren beim Zugang zu Beratung und Therapie – die Referent*innen und Teilnehmer*innen haben Probleme angesprochen, Forderungen gestellt und Lösungen gezeigt.
Der Fachtag war ein Höhepunkt im dreijährigen Projekt „Sicher, Stark und Selbstbestimmt – vernetzt!“.
Denn: Auch Frauen mit Behinderung haben ein Recht auf Aufarbeitung und Wohlbefinden nach Gewalt.
„Hintergrund ist das anhaltend hohe Gewaltrisiko für Mädchen und Frauen mit Behinderung bei zugleich erschwertem Zugang zu Schutz- und Hilfsangeboten, zu medizinischer oder psychotherapeutischer Versorgung,“ erklärte Referentin Ronja Runge.
„Mit unserem Fachtag stellen wir diese Unterversorgung in den Mittelpunkt. Zugleich sammeln wir konkrete Verbesserungsvorschläge und verbreiten Möglichkeiten, die eigene Arbeit barriereärmer zu gestalten“, ergänzte Elena Doudis.
„Nicht ohne uns über uns“ – nach diesem Motto der Behindertenbewegung hatten wir auch den Fachtag als inklusive und barrierearme Veranstaltung organisiert.
Claudia Middendorf, die Behindertenbeauftragte der NRW-Landesregierung, betonte in ihrem Grußwort, dass keine Frau, ob gehörlos, mit oder ohne Beeinträchtigung, zum Opfer von Gewalt werden dürfe.
Tanja Sappok ist Psychotherapeutin und Professorin für inklusive Medizin an der Uni Bielefeld. Sie unterstrich die Bedeutung guter Diagnostik und stellte das von ihr entwickelte diagnostische Hilfsmittel „SEED“ vor.
„Wie funktioniert eine Psychotherapie in Leichter Sprache?“
Die Therapeutin Annika Kleischmann beantwortete diese Frage zusammen mit ihrem ehemaligen Patienten Benjamin Holland. Mit ihrem lockeren Gespräch brachten sie das Publikum immer wieder zum Lachen.
Viele Arbeitsgruppen und eine Podiumsrunde haben Bedarfe und Ansatzpunkte ausgelotet.
Dann fasste Getrud Servos als Netzwerk-Sprecherin den Tag in ihrem politischen Ausblick zusammen.
Sie forderte z.B., im Gesundheitssystem alle Formen von Behinderung und die dazu gehörigen Bedarfe in die Ausbildung und in die Prüfungen gehören.
Vom Publikum erhielt sie großen Applaus für ihre provokante Forderung an das Gesundheitssystem:
„Wer nicht inklusiv arbeitet, muss mit Kürzungen leben!“
Es geht nur langsam voran mit der Barrierefreiheit. Trotzdem waren sich alle Redner*innen einig:
Barrierefreie Versorgung ist kein unrealistisches „Einhorn“, sondern realistisch machbar – wenn die Verantwortlichen wirklich wollen.